Ich bin im Stress also bin ich!

Fast möchte man die Überschrift einfach so hinnehmen. Traurig aber wahr. Unsere Gesellschaft scheint derart auf Leistung ausgelegt zu sein, dass man sich fast schon schämen möchte, wenn man einmal nicht im Stress ist. Aber was steckt dahinter, warum ist das so und warum setzt „das System“ alles daran, eine Veränderung zu verhindern?
Gerhard Zirkel
01.12.2019

Beruflich ist es ganz schlimm. Wer erfolgreich ist, der muss auch Stress haben. Viel machen, viel schaffen, am Besten noch Überstunden, aber niemals nichts. Und vor allem nie anmerken lassen … das heißt .. eigentlich schon. Das Umfeld muss ja merken wie kraftvoll dynamisch und leistungsstark man ist. Also immer genau so viel Stress zeigen, dass man als leistungsstark aber nicht gesundheitlich angegriffen gilt. Denn das würde ja Schwäche offenbaren. Was für ein Stress!

In der Freizeit geht es dann weiter. Denn wer erfolgreich ist und viel Stress hat, der muss ihn ja auch wieder abbauen. Und das geht am Besten beim Skifahren, Reiten, im Fitnesstudio, beim Kurzurlaub, wahlweise mit oder ohne Wellness, im Theater, Museum, Kino … der reinste Stress, dieser Stressabbau.

Aber man kann es sich ja auch leisten und man gönnt sich ja sonst nichts.

Wohin das führt wissen alle, die schon einmal ans Ende ihrer Leistungsfähigkeit gekommen sind, an den viel zitierten und schon gesellschaftsfähigen Burnout. Ja, gesellschaftsfähig ist er, wer hat heutzutage denn noch den guten alten Herzinfarkt? Nein, selbst bei der Wahl der elegantesten Möglichkeit seine Gesundheit an die Wand zu fahren, machen wir uns noch den Stress eine möglichst langwierige Variante auszusuchen.

Hat man diese Phase überwunden folgt natürlich die Selbstfindung. Die ganz schön stressig werden kann, schaut man sich die vielen Angebote dazu so an …

Schon im Kindergarten

Das fängt ja schon im Kindergarten an. Nein, eigentlich schon lange vorher. Wenn du selber Kinder hast, dann geh mal tief in dich und führ dir vor Augen, was du von deinen Kindern ganz automatisch erwartest.

Kannst du deine Kinder einfach nichts tun lassen? Also wirklich nichts? Was passiert, wenn du ein Kind hast, das über Stunden hinweg Löcher in die Luft starrt? Oder irgendeinen „Schmarrn“ macht? Was wenn du ein Kind hast, das nicht spielen will? Und schon gar nicht mit anderen Kindern? Ein Kind das nichts lernen will?

Was, wenn dein Kind nicht das kann, was andere Kinder in dem Alter schon können? Was, wenn es nicht so lebhaft ist oder viel lebhafter als die Anderen? Was wenn es nicht der Norm entspricht, nicht pünktlich lesen, rechnen oder schreiben lernt?

Spürst du den Stress dahinter?

Was, wenn dein Kind krank wird? Eine Erkältung oder was auch immer. Schleppst du es zum Arzt, damit es ganz schnell wieder gesund wird? Und wieder was tun kann? Ist das nicht normal?

Und wenn es mal nichts tut, dann bietest du was an. Und wenns der Fernseher ist, oder das Tablet. Davor tun sie dann nichts? Falsch. Das bewegungslose Starren auf bewegte Bilder ist Stress pur. Das Gehirn schuftet wie blöd, aber der Körper muss ruhig gehalten werden.

Ähnlich schauts im klassischen Frontalunterricht aus. Das Gehirn muss arbeiten wie blöd, weil es den ganzen Input auswendiglernen muss. Aber der Körper muss ruhig gehalten werden. Zuhause gehts dann weiter, weiter lernen, weiter Input aufnehmen und abspeichern.

Aber kann das alles verarbeitet werden? Nein, keine Zeit. Der nächste Input wartet schon. Eigentlich bräuchte das Kind Zeit. Nicht ein paar Stunden, sondern ein paar Wochen. Oder Monate. Um das abgespeicherte Wissen zu sortieren, durch eigene Erfahrungen zu ergänzen und damit an einen Punkt zu gelangen, die Zusammenhänge zu verstehen und notfalls zu hinterfragen.

Keine Zeit! Weder im Kindergarten, noch in der Schule, noch im Studium und erstrecht nicht in der Arbeit. Und wehe du nimmst dir doch die Zeit was zu hinterfragen. Glaub mir, du bist dermaßen schnell der „Feind“ dass du das gleich wieder bleibenlässt.

Karriere

Wirklich schwer wirds, wenn du eine Karriere in einer größeren Firma oder einem Konzern anstrebst. Da kommt dann zum System der Gesellschaft noch das des Konzerns dazu. Und Karriere bedeutet – da kannst du jetzt sagen was du willst – vor allem Anpassung und Mitlaufen. Im Rahmen dessen, was dir zugestanden wird.

Und Überstunden. Oft viele Überstunden. Plus ständige Erreichbarkeit und diese spezielle Art der Verantwortung, die dich immer mit einem Bein im Abgrund stehen lässt. Dazu kommt ein höherer Verdienst, den du aber brauchst um dein Leben so zu gestalten, dass du für die nächste Karrierestufe in Frage kommst. Raus kommst du nicht. Zumindest nicht, ohne alles zu zerstören was du aufgebaut hast.

Das System

Denn ein System, egal welches, setzt immer automatisch alles daran, sich selbst zu erhalten. Ein System muss das tun, sonst läuft es Gefahr zusammenzubrechen. Und was lässt ein System am allerschnellsten kollabieren?

Menschen die es hinterfragen und daraufhin verändern. Das gilt es zu verhindern und das System in dem wir in der westlichen Welt leben tut das sehr effizient. Und schon sehr sehr lange. Es hält uns dermaßen beschäftigt, dass wir schlicht keine Zeit haben, es zu hinterfragen. Weil so viel neuer Input kommt, dass wir mit dem Abspeichern schon nicht mehr nachkommen.

Jetzt ist so ein System natürlich nicht per se schlecht. Ich glaube sogar, dass wir immer ein System brauchen um zu leben. Auch Naturvölker leben in einem System. Die ganze Welt ist ein System. An sich ist ein System also nichts, was man wegmachen müsste. Wichtig ist allerdings, die Spielregeln zu durchschauen.

Denn so ein System wie wir es heute haben, lässt sich sehr leicht manipulieren, von denen die wissen wie es funktioniert. Man muss nur die Informationen kontrollieren und das ist – das nötige Kleingeld vorausgesetzt – extrem leicht möglich.

Wer kontrolliert, welche Informationen im Umlauf und sichtbar sind, der kontrolliert was auswendig gelernt wird, der kontrolliert vor was die Menschen Angst haben und der kontrolliert damit auch das Verhalten der Menschen.

Früher war es „die Kirche“, heute ist es „die Wissenschaft“ oder „die Medien“ oder der Konzern. Da kommt der Input her und zwar so viel, dass du kaum eine Chance hast, jemals irgendwas zu hinterfragen. Selbst wenn du wolltest, du hättest die Zeit gar nicht.

Es sei denn, du tust das mit Absicht. Wenn du es schaffst, dir das Zeitfenster dafür freizuhalten. Wenn du riskierst, vom System umgehend abgestraft zu werden.

Wie überwinde ich diese Angst und die Gefahr?

Was kann ich tun, damit es anders läuft, ohne abzustürzen oder die Kontrolle zu verlieren?

Aussteigen kommt für die meisten Menschen nicht in Frage. Nicht, weil sie es sich nicht vorstellen oder finanzieren könnten. Sondern weil man sich immer selber mitnimmt, egal wie weit weg man reist. Man hat sich selbst und seine seelischen Muster und Verstrickungen immer dabei. IMMER!

Der erste und wichtigste Schritt ist, zu verstehen wie das System funktioniert. Zu verstehen wie du da reingeraten bist. Zu verstehen, dass dir das System niemals die Informationen liefern wird, die du brauchst um es zu verlassen.

Wenn du das System wärst, würdest du auch nicht den Ausgang verraten, oder?

Der Weg führt also nicht darüber, noch mehr zu schuften, noch mehr zu lesen, noch mehr zu lernen. Der Ausstieg beginnt an dem Punkt, an dem du über die Ängste reflektierst, die dir das System einpflanzt.

Weglaufen geht nicht und schon gar nicht vor sich selbst!

Man müsste sie auflösen, diese Verstrickungen, diese überalterten Gedankenmuster, diese Resonanzen die uns immer wieder dazu bringen das zu tun was andere uns sagen – und nie das was wir wirklich wollen. Wenn wir denn überhaupt schon so weit gekommen sind, zu wissen was wir wollen. Die größte Anstrengung ist es oftmals, das was wir wollen von dem zu trennen was uns glauben gemacht wurde, was wir zu wollen hätten.

Wer jetzt glaubt, der Schamane plaudert da aus dem Nähkästchen obwohl er keine Ahnung hat, dem sei gesagt: Ich habe das alles durchexerziert! Alles! Schamane wird man nicht aus Büchern, Schamane wird man per „learning by doing“. Ich habe sie also aufgelöst, die Verstrickungen, Gedankenmuster und Glaubenssätze. Zumindest viele von ihnen, aber allemal genug um nun anderen Menschen dabei helfen zu können das gleiche zu schaffen.

Das führt am Ende nicht zum Ausstieg aus der Gesellschaft, ganz im Gegenteil. Es führt zu starken und selbstbestimmten Menschen die wirklich Kraft haben und nicht selten die Gesellschaft nachhaltig verändern.

Melde dich gerne bei mir, wenn du auch den Ausgang finden willst. Nicht raus aus allen Systemen, sondern rein in eines, das DU selbst mitgestaltest und zwar nach DEINEN Bedürfnissen.

2 Kommentare zu “Ich bin im Stress also bin ich!

  1. Matthias Dezember 1, 2019 um 6:53 pm Uhr

    Also dieser Artikel stresst mich…..nicht.
    Ich erwische mich immer wieder dass ich in das „und das mach ich auch noch
    schnell fertig“ Fahrwasser gerate.
    Oft merke ich dann gar nicht mehr wie hungrig, durstig und müde ich eigentlich bin. Trotzdem passiert es immer öfter, das ich mich zurücklehne und mal ein Päuschen mache. Dann stell ich fest, das trotzdem alles noch rechtzeitig fertig wird.
    Das ist das was mich stresst……!
    Oh Mann

  2. Rita Dezember 2, 2019 um 7:59 pm Uhr

    Dieser Stress-Artikel ist wirklich genial aufgebaut.
    Da kann man nicht anders, als hin zu diesem Schamanen, den das Leben auch nicht geschont hat mit allerhand Themen (die eben diese Erde zu bieten hat) !

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