Wer ist Schuld?

Das mit der Schuld ist ein Thema, das die Menschheit vermutlich seit Anbeginn des Denkens begleitet. Wer kennt das nicht von sich selbst und von anderen Menschen? Wenn irgendwas nicht nach Plan läuft, ist immer jemand oder etwas Schuld. Sofort. Immer.
Gerhard Zirkel
08.10.2022
Du bist Schuld! … Oder etwa nicht?

Selbst wenn uns noch gar nicht ganz klar ist, was gerade passiert, so wissen wir doch meistens direkt, wer oder was dran Schuld ist. Wenn unser Geld nicht mehr zum Heizen reicht, wissen wir, dass die Politiker Schuld sind und der miese Job.

Und weil das Demonstrieren bisher nicht funktioniert hat, weil die blöden Politiker nicht kapieren, dass sie blöd sind, ärgern wir uns. Auch über den Chef, der doch langsam mal kapieren müsste, was wir leisten. Aber der steckt sich das Geld lieber selber in die Tasche. So ein Arsch.

Das Finanzamt ist auch Schuld übrigens und die Krankenkasse. Und die Medien sowieso, mit ihren Lügen. Die allgemeine wirtschaftliche Situation ist auch Schuld und die Kapitalisten, die uns da hin gebracht haben. Oder waren es die Sozialisten? Oder die Nazis? Egal. Schuld.

Und wenn dann so ein Schamane kommt und irgendwas von Eigenverantwortung faselt und davon, dass ich aus meiner Opferrolle heraustreten kann, dann hat der wohl ein Rad ab. Von wegen, jeder könnte sich sein Leben so erschaffen, wie er will. Der hat sie doch nicht mehr alle. Wenn ich vergewaltigt werde, bin ich dann wohl auch selber Schuld?

Oder wenn ein Erdrutsch kommt und ich im Rollstuhl sitze und die Ausgangstür klemmt, weil der Vulkan auch grad ausbricht, dann bin ich wohl auch Schuld? Hab mir das selber manifestiert oder was? Und die Kinder die in Afrika verhungern, der hat wohl gar keine Ahnung wie das wirkliche Leben aussieht, der hockt in seinem Spiriturm und mit seinen Preisen könnte ich meine Probleme auch lösen … okok, ich habs kapiert. Lass es mich erklären:

Ein Beispiel

Mit fällt dazu ein Beispiel aus meinem eigenen Leben ein. Ich war ja nicht schon immer Schamane, meine berufliche Laufbahn hat in der Chemiebranche angefangen. Ich weiß, so gar nicht schamanisch und zu Beginn gehaltsmäßig auch echt weit unten. So viel zum Thema „mit solchen Preisen könnte ich …“ Ich konnte auch ohne. Aber darum gehts nicht.

Während dieser Zeit, habe ich mich einige Jahre bei einem Chemiehändler um das Qualitätsmanagement gekümmert. Dabei ging es viel um Abläufe und natürlich auch um die Fehler, die dabei immer mal wieder passiert sind.

Eine ungeliebte Aufgabe eine Qualitätsmanagers ist es, sich dieser Fehler anzunehmen und zwar aller Fehler, die im ganzen Betrieb passieren. Ich habe also mehr oder weniger häufig sogenannte Fehlerprotokolle auf den Tisch bekommen und dann durfte ich herausfinden, was passiert ist, warum es passiert ist und – ganz wichtig – wie man es künftig verhindern kann.

Du ahnst es beim Lesen schon, es ging dabei ziemlich häufig um Schuld. Der Kunde reklamiert und schlägt mit seiner Reklamation natürlich beim Sachbearbeiter im Verkauf auf. Der Verkauf ist sauer, weil der Fehler im Lager passiert ist und gibt dem Lager die Schuld. Das Lager ist sauer, weil der Fehler nur passiert ist, weil der Versand die Papiere nicht richtig rausgeschrieben hat. Der Versand ist sauer, weil der Verkauf unklare Anweisungen weitergegeben hat. Was der Verkauf aufs Heftigste von sich weist, die Anweisungen wären sonnenklar gewesen, man hätte doch eine Email geschrieben. Die hat der Azubi vom Versand aber nicht weitergeleitet, also ist der Schuld. Nein, ist er nicht, weil das gar nicht sein Job gewesen wäre und überhaupt hätte das Lager auch mal mitdenken können, denn die machen wirklich immer diesen Fehler …

Du merkst, worauf das hinausläuft? Auf eine Lösung ganz sicher nicht. Am Ende kam es in dieser Firma tatsächlich zu erbitterten Grabenkämpfen zwischen den einzelnen Abteilungen. Denn wenn einmal eine Beschuldigung da ist, dann wird zurückgeschlagen und am Ende eskaliert die Situation.

Das frisst Zeit, Geld und Nerven. Vor allem Nerven. Vor allem die Nerven des Qualitätsmanagers.

Die Lösung

Dabei gab es tatsächlich Lösungen. Dieser oben beschriebene Fall mit der Reklamation war nicht erfunden, der hat sich tatsächlich so ereignet. Und zwar mehrfach, mit dem gleichen Fehler und dummerweise sogar mehrfach mit dem gleichen Kunden. Einige meiner grauen Haare haben damals ihren Anfang genommen.

Hätte man die Abteilungen sich selbst überlassen, wären sie irgendwann mit Macheten aufeinander losgegangen und der Kunde hätte halt bei der Konkurrenz gekauft. Gut, ersteres wusste die Geschäftsführung zu verhindern, aber die Lösung kam doch aus einer ganz anderen Richtung.

Weder der Verkauf, noch der Versand, noch das Lager, noch der Azubi waren „Schuld“ und dort wurde auch nicht die Lösung gefunden. Die lag im Verändern des Ablaufs, der den ganzen Aktionen zugrunde lag. Ein paar Veränderungen in der EDV, ein paar neue Arbeitsanweisungen, kurze Schulung, dass alle wussten, wie es künftig laufen sollte und weg war der Fehler.

Was wir daraus lernen?

Es bringt dir rein gar nichts, zu wissen, wer Schuld ist. Völlig unabhängig davon ob überhaupt jemand Schuld ist oder nicht, geht es immer darum, die Lösung zu finden! Und die liegt oft überhaupt nicht da, wo jemand scheinbar was falsch macht.

Die Lösung liegt oftmals gar nicht bei den beteiligten Personen. Im Beispiel war einfach nur der Prozess nicht optimal, weil sich die Anforderungen mit der Zeit eben verändert hatten. In anderen Situationen fehlen vielleicht Informationen oder – und das ist ganz häufig – man sieht einfach nicht, wo die Lösung sein könnte, weil man nur einen Teil des Ganzen kennt.

Das war im Beispiel oben für die Beteiligten auch nicht sichtbar. Denn weder der Verkauf, noch das Lager, noch der Versand und schon gar nicht der Azubi kennen in der Regel den Gesamtzusammenhang. Sie alle kennen ihren Job und die Schnittstellen zu den Anderen. Mehr nicht, weil niemand sein Tagesgeschäft UND den großen Zusammenhang kennen kann. Das ist einfach zu viel verlangt.

Deshalb gab es jemanden wie mich damals, den Qualitätsmanager. Mein Job war es nicht, die ganzen Details zu kennen, sondern den gesamten Prozess zu verstehen. Und dadurch habe ich die Lösung gefunden. Eine Lösung, die keiner der Beteiligten hätte finden können.

Und was hat das mit mir zu tun?

Das fragst du dich jetzt vielleicht. Aber sei mal ehrlich, wie oft gibst du jemandem die Schuld für irgendetwas? Dem Partner, den Kindern, den Kollegen, dem Chef, der Politik, dem rückläufigen Merkur, den Ahnen oder sogar dir selbst?

Das machen wir Menschen andauernd, wir merken das schon gar nicht mehr. Mach dir das mal bewusst und dann tritt gedanklich einen Schritt zurück und überlege dir, wie eine Lösung aussehen könnte.

Die Lösungen

Jetzt hat natürlich nicht jeder die exklusive Möglichkeit eines Qualitätsmanagers, die Abläufe einfach anpassen zu können. In unserem Leben sehen wir uns oft mit Kräften konfrontiert, die einfach übermächtig erscheinen.

Gar zu oft fühlen wir uns komplett ohnmächtig und dann können wir nicht, weil … Dazu müsste ja erst dies und jenes passieren, dieser und jener Mensch sein Unrecht einsehen oder die breite Masse „aufwachen“. Ausserdem sind wir alleinerziehend, arbeiten eh schon 50 Stunden die Woche und haben gar kein Geld für jemanden, der hilft. Und der will ja sowieso nur was verkaufen. Kurzum: Uns kann einfach niemand helfen! Is so! Kamma nix machen!

Oft scheinen wir die Lösung sogar zu kennen, ganz sicher kennen wir sie. Wir wissen schon ganz genau, wer sich ändern muss, damit es passt. Derjenige müsste das nur mal einsehen. Oder wir müssten halt erst mehr Geld verdienen, mehr Urlaub haben, mehr Zeit, mehr irgendwas. Aber solange die Anderen uns klein halten …

Stopp!

Merkst du es? Das ist wie der Verkauf, der dem Lager die Schuld gibt obwohl das Lager gar nix dafür konnte. Auf diese Weise ändert sich nichts, da bist du dann wie ein Ingenieur mit Bauklötzen.

Die Lösung

Tritt noch einen Schritt weiter zurück und schau dir an, auf was du Einfluss hast. Welche Akteure in diesem Spiel kannst DU beeinflussen, ohne dass du darauf angewiesen bist, dass die sich verändern?

Da gibts in der Regel genau einen und das bist DU.

„Ja, dann bin ich jetzt wieder Schuld, oder“, „war ja klar“ … NEIN! Bist du nicht. Es geht nicht darum, wer Schuld ist, sondern wer die Lösung auf den Weg bringen kann. Es geht darum, da anzusetzen, wo du ansetzen kannst. Und das ist immer bei dir. Und ja, das geht. Das geht oft sogar, ohne mich zu buchen. Ersetze einfach nur „das kann ich mir nicht leisten“ durch „wie kann ich mir das leisten?“ … du wirst staunen, was das allein schon bewirkt.

Der Vorteil

Der große Vorteil dabei ist, dass du auf niemanden warten musst. Du brauchst keine Erlaubnis, keiner hindert dich und du kannst umsetzen, was immer du möchtest.

Und du kannst dir helfen lassen, damit du jemanden hast, der den Überblick hat. Du kannst dir deinen eigenen Qualitätsmanager engagieren. Oder einen Schamanen und Coach. Der ganz tief auf der geistigen Ebene schauen kann und dir da Lösungswege zeigt, die du gar nicht auf dem Schirm hattest.

Umsetzen darfst du das alles freilich immer selbst, aber das kannst du, denn du setzt es in dir selber um. Denn dort ist die Lösung. In dir.

Sogar die Lösung für den bösen Staat, die bösen Kapitalisten, Sozialisten, Kommunisten, Rechten, Linken, die Inflation, deinen miesen Job, den blöden Chef, den narzisstischen Partner und so weiter.

Die Lösung ist immer in dir!

Was zu tun ist?

Losgehen und an dir arbeiten. Und zwar sofort. Nein, nicht erst, wenn das Geld da ist, das Geschäft wieder läuft, du grad Bock hast. Das sind alles wieder verdeckte Schuldzuweisungen. Klar, du kannst die Qualitäten der Zeit nutzen, nicht jede Aktion ist zu jeder Zeit sinnvoll.

Aber achte drauf, dass du die Zeitqualitäten produktiv nutzt und nicht, weil sie an irgendwas Schuld sind.

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